Selber tun macht stark – Kinder entwicklungsgerecht begleiten und anregen

Kein Kind gleicht dem anderen - diese Binsenweisheit hat es ganz schön in sich. Ist unser Kind einfach nur „anders“ oder müsste es schon weiter sein? Kann es genau so viel wie Gleichaltrige oder ist seine Entwicklung verzögert? Viele Eltern möchten ihr Kind darin unterstützen, in seinem Tempo zu lernen und zu wachsen.

Altersgerechte Selbstständigkeit erzielen

Hier eröffnet das Bobath-Konzept interessante Möglichkeiten. Der Therapeut versucht schon in der ersten Behandlung herauszufinden, was die besonderen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Kindes sind und was ihm am meisten Spaß macht. Dabei ist das Gespräch mit den Eltern wichtig. Es geht darum, die Individualität des Kindes besser zu erkennen und seine Entwicklung ganzheitlich zu fördern.    

„Das Bobath-Konzept verfolgt ein zentrales Ziel“, erklärt Sabine Melzer von der Physiotherapiepraxis Alebo in Zehlendorf. „Jedes Kind soll altersentsprechend selbstständig sein können, was sein Selbstbewusstsein stärkt und zu größerer Unabhängigkeit führt.“

Leichter lernen mit allen Sinnen

In der Therapie wird das Kind auf der motorischen, kognitiven, emotional-sozialen und sensorischen Ebene angesprochen. Die motorische Ebene bezieht sich darauf, wie ein Kind sich bewegt und handelt; die kognitive Ebene, wie es sich mitteilt und lernt; die emotionale Ebene, wie es sich wohlfühlt in seiner Umgebung und wie selbstbewusst es ist und die sensorische Ebene, wie es seine Sinne einsetzt, um die Umwelt zu erkunden (Sehen, Hören, Schmecken, Riechen, Fühlen, Tasten).

„Am leichtesten lernen wir mit Spaß, und wenn mehrere Gehirnabschnitte an einer Handlung beteiligt sind“, beschreibt Sabine Melzer die Kunst der therapeutischen Begleitung. Daher arbeitet das Bobath-Konzept breit gefächert. So können sich neue sensorische Erfahrungen und Denkvorgänge mit altersentsprechenden Handlungen vernetzen.   

Entwicklung ermöglichen, Familien stärken

Unabhängig sein von fremder Hilfe, Dinge allein tun können – Eltern kennen den strahlenden Stolz, den schon Kleinkinder zeigen, wenn sie etwas ganz allein geschafft haben. Selbstbewusste und ausgeglichene Kinder erwerben ständig neues Wissen über sich und ihre Umwelt. Deshalb bindet das Bobath-Konzept gezielt alltägliche Handlungen (z. B. robben, laufen, Gurke schneiden) und den achtsamen Umgang der Eltern mit ihrem Baby oder Kind (Handling) in die Therapie ein. Das Kind entwickelt sich ganzheitlich weiter. Seine Erfolge stärken sein Selbstbewusstsein, machen es jeden Tag selbstständiger und bereichern die ganze Familie.

(Dieser Artikel wurde in einer gekürzten Fassung im Heft Geburt in Berlin 2016 abgedruckt.)